31. Juli 2023

Von der Kunst des „sowohl als auch”

Zufriedenheit und Dankbarkeit sind unabhängig von persönlichen Umständen möglich.

Ein einfaches Leben hat uns Jesus auch nie versprochen, aber ein Leben in Fülle, in dem wir Freude erleben können, unabhängig von unseren Umständen, das finden wir bei ihm. Diese Erfahrung hat Maritta Winkler während ihres Dienstes bei Youth with a Mission (YWAM) immer wieder gemacht. 

Ich erinnere mich noch genau: Es war ein Dienstagnachmittag und ich lief über die Heidefelder unweit unserer YWAM-Base, um meinen Kopf nach einem intensiven Gespräch freizubekommen. „Wie lange dauert es noch, bis der Durchbruch kommt, Gott? Warum ist das Leben nicht einfacher?“ Mitten in diesen Fragen blieb mein Blick an einem Ast hängen, dessen Blätter unterschiedliche Färbungen hatten. „Wow, ist das schön“, schoss es mir durch den Kopf. Ich begann, die Natur um mich herum zu betrachten und nahm auf einmal so viel Schönheit wahr, die mir vorher nicht aufgefallen war. 

Schon zuvor hatte ich die Ambivalenz zwischen herausforderndem Dienst und Genuss zu spüren bekommen. 2016 war ich im Rahmen meiner Jüngerschaftsschule in Kapstadt, Südafrika. Wir unterstützen dort verschiedene Projekte der YWAM-Base in Muizenberg. In Kapstadt prallen Reichtum und Armut aufeinander, wie ich es nirgendwo sonst erlebt habe. Morgens halfen wir in einem sehr armen Stadtteil, eine Hütte herzurichten und der Pastor dort schärfte uns ein, dass wir uns einfach flach auf den Boden legen sollen, falls wir Schüsse hören. Am Nachmittag desselben Tages saßen wir in einem wunderschönen Café am Strand. „Darf ich das?“, fragte ich mich damals. „Darf ich den Luxus genießen, der für mich so viel leichter zugänglich ist, einfach nur, weil ich in einem bestimmten Land in eine bestimme Familie geboren wurde?“ Ich weiß nicht immer, wie ich die Spannung aushalten soll, in der wir in dieser ungerechten Welt leben. Doch ich lerne immer mehr, ein „sowohl als auch“ zu leben – mich sowohl gegen Ungerechtigkeit einsetzen, als auch genießen, was ich habe. 

Ende 2016 wurde ich Teil der Base in Heidebeek. Ich hatte klar Gottes Ruf gehört und wollte seinen Wegen folgen – auch wenn es mir offen gestanden nicht ganz klar war, warum er mich in die Niederlande rief. Die ersten Jahre waren nicht einfach. Andere Sprache, andere Kultur (ja, auch in einem Nachbarland) und viele Fragen in meinem Herzen. Unbewusst war ich davon ausgegangen, dass Gott mir Dinge leicht machen würde, wo ich ihm doch gehorsam gefolgt war. Stattdessen wurde ich auf einem Einsatz in Indonesien krank und schleppte die Folgen einige Zeit mit mir herum. Innere Prozesse begannen, die mich Kraft kosteten. 

Landschaft bei Heidebeek

Sehnen und Ringen

Ich versuchte, eine Herausforderung nach der anderen zu bewältigen und sehnte mich danach, dass endlich alles einfacher wurde. Mitten in dieses Sehnen und Ringen hinein erlebte ich den oben beschriebenen Moment. Auf einmal wurde mir klar, dass es gilt, Schönheit zu entdecken inmitten der Prozesse, durch die wir gehen. Wir müssen nicht auf den Durchbruch warten, um Freude empfinden zu können, nicht alle Probleme lösen, um dann völlig unbeschwert sein zu können. Im Jetzt und Hier, egal wie das aussieht, können wir Schönheit entdecken und Freude am Herrn genießen, die unabhängig von Umständen ist. Denn sind wir mal ehrlich – wenn wir darauf warten, dass das Leben einfach wird, verpassen wir das Leben. 

Es waren unerwartete Umstände, die mich vor fünf Jahren ins „Creative Media Team“ der Base brachten. Doch genau dort lernte ich viele neue Seiten an mir kennen und wurde selbst kreativ. Ich entdeckte, wieviel Spaß es mir macht, anderen zu helfen, ihre Vision zu schärfen und zusammen zu überlegen, wie diese gut kommuniziert werden kann. Im April habe ich meinen ersten Workshop gehalten, um andere zu trainieren, ihre Zielgruppen besser zu erreichen und einen Kommunikationsplan zu erstellen – eine Frucht der letzten Jahre. 

Ebenso genieße ich es, Teil unserer Leiterschaftsschule zu sein. Junge Menschen als Mentorin zu begleiten, ihre Gaben zu entdecken und Fähigkeiten zu entfalten, bereitet mir viel Freude. 

Seminar auf der Base

Genuss mitten im Alltag

2018 starteten wir unser Projekt „Espresso Machine“ auf der Base. Ein Projekt, das erst mal stutzig machen kann. Cappuccino und Mission? Passt das zusammen? Als Team wollten wir einen Raum kreieren für Mitarbeitende, Studierende und Gäste, wo man einfach sein darf. Einen Moment des Genusses schaffen – mitten im Alltag. Ein Raum von Verbundenheit und Wertschätzung. Wenn ich mich hinsetze, um meinen „Flat White“ zu trinken, halte ich inne und nehme erst mal den Geruch wahr. Beim ersten Schluck schmecke ich den herben Geschmack des Espressos, der sich mit der Süße der Milch vermischt. Guter Kaffee hilft mir, im Moment zu verweilen, er schärft meine Sinne und lässt mich durchatmen. Kaffee ist ein Luxusprodukt, das ich genieße und genießen darf. Es macht mir bewusst, wieviel Reichtum ich in meinem Leben habe. 

Paulus schreibt in Philipper 4,12-13:„Ich weiß, was es heißt, sich einschränken zu müssen, und ich weiß, wie es ist, wenn alles im Überfluss zur Verfügung steht. Mit allem bin ich voll und ganz vertraut: satt zu sein und zu hungern, Überfluss zu haben und Entbehrungen zu ertragen. Nichts ist mir unmöglich, weil der, der bei mir ist, mich stark macht.“ Was für Worte! Sie geben Freiheit und fordern heraus. Es ist nichts Falsches daran, Überfluss zu genießen, aber gleichzeitig sollten wir auch in der Lage sein, Entbehrungen zu ertragen. Egal wie unser Leben aussieht – alles ist uns möglich durch Christus. 

Neues bricht an Momentan bin ich in einer Phase, in der (wieder einmal) Neues anbricht. Ich spüre, wie Gott mich ruft, Raum dafür zu schaffen und Altes loszulassen. Das ist gut, doch auch nicht immer einfach. Neues und Unbekanntes bieten Chancen, doch für mich bedeutet es auch Unsicherheit und Sorgen. Wohin führt mich Gott? Wie versorgt er mich? Wie soll alles aussehen? Immer wieder in diesen Wochen kehre ich zu dem Vers zurück, dass mir nichts unmöglich ist und ich ein Leben führen möchte, das Frieden, Zufriedenheit und Dankbarkeit beinhaltet, unabhängig von meinen Umständen. Und mitten in all dem Nebel, der die Zukunft umgibt, nehme ich mir Zeit (und Geld) für eine Tasse guten Kaffee, weil es mir hilft, bewusst im Moment mit Gott zu leben und dankbar zu sein. 

Maritta Winkler

Projektland: Niederlande

  • Mitarbeit in der YWAMBase Heidebeek
  • Discipleship Training School (DTS)
  • Management und Ausbau des Base-Cafés
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Leitung der Einsatzteams im Ausland

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Bei Spenden zur Unterstützung dieses Projektes bitte angeben: AM 16 S Winkler

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