
Vom Schwarzwald in den Urwald
Marianne und Monie Chiong starteten von null aus eine umfassende Übersetzungsarbeit.
Als Marianne und Monie Chiong in den späten 1980er-Jahren ihre ersten Erkundungsreisen im Urwald von Palanan im Nordosten der Philippinen unternahmen, mussten sie sich mit Pfeilen und Buschmessern gegen feindliche Angriffe schützen. Ihre Mission: dem nomadischen Jägerstamm der Agtas in Wort und Tat die gute Nachricht zu bringen. Entstanden ist daraus eine umfassende Übersetzungsarbeit, aber auch medizinische Unterstützung, Alphabetisierung, Entwicklungshilfe, Schulbildung für Kinder und Erwachsene sowie zuletzt ein Trainingszentrum für die Schulung von Missionaren.
Auf die Philippinen ausgereist ist Marianne, die damals noch unter ihrem Geburtsnamen Finkbeiner im Schwarzwald lebte, bereits im Jahr 1981. In der Palanan-Region startete sie die Arbeit gemeinsam mit ihrer philippinischen Partnerin Essa. In Palanan leben zwei verschiedene Volksgruppen: rund 15.000 Flachlandbewohner, die Paranan sprechen, sowie etwa 1.500 nomadische Agta-Negritos mit einem eigenen Dialekt. Ein Vorstoßen zu den Agtas war für die jungen Frauen aufgrund der ständigen Angriffe durch kommunistische Rebellen zunächst zu gefährlich. Deshalb verbrachten sie den Großteil des ersten Jahres im Flachland. Dort versuchten sie, die Sprache zu lernen und leisteten sehr viel medizinische und soziale Arbeit – in einer Gesellschaft, in der Diebstähle, Lügen, Mord und Totschlag, Trinken, Stammesfehden und Geisterglaube an der Tagesordnung waren.
Eines wurde den beiden Frauen angesichts der ärmlichen und scheinbar hoffnungslosen Situation schnell klar: Solange die Menschen das Wort Gottes nicht in ihrer eigenen Sprache lesen konnten und keine innere Veränderung erfuhren, würden alle ihre Bemühungen nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Daher beschlossen sie, mit der Übersetzung der Bibel in der Flachlandsprache anzufangen. Zur Vorbereitung besuchten sie einige sprachwissenschaftliche Seminare, womit für Marianne ein neues Abenteuer begann: In einem der Kurse lernte sie ihren späteren Mann Monie kennen und ging mit ihm zum Studium nach Dallas/USA.
Unerreichte Stammesgruppen erreichen!

Beginn der Arbeit unter den Agtas
1987 kam das junge Paar aus Amerika zurück und begann die lange geplante Arbeit unter den Agtas. Die Probleme waren die gleichen wie unter den Flachlandbewohnern, nur noch viel ausgeprägter. Agtas hatten kein eigenes Land, keine Schulbildung, keine medizinische Hilfe und die Flachlandbewohner betrachteten sie zudem oft nur als minderwertige Sklaven ohne Seele. Ihre Ernährungssituation war katastrophal, ständig waren die Menschen im Urwald oder am Meer auf der Suche nach etwas Essbarem. Deshalb experimentierten Marianne und Monie mit verschiedenen Projekten, um den täglichen Lebensunterhalt der Urwaldbewohner etwas zu verbessern. Doch auch hier zeigte sich: Nur eine geistliche Veränderung kann die schwierige Situation verbessern.
Sie starteten eine Leiterschaftsschulung sowie ein Alphabetisierungsprojekt. Beides verschaffte ihnen unzählige Möglichkeiten, die Liebe Jesu, das Wort Gottes und die Macht des Gebets auf verschiedene Art und Weise zu demonstrieren. Innerhalb weniger Monate gab es eine regelrechte Erweckung, und die Menschen fingen an, sich täglich morgens zum Gebet und abends zum Bibelstudium zu treffen. Bald reisten Marianne und Monie jedes Wochenende per Boot oder zu Fuß in extrem abgelegene Gebiete, um anderen Agtas ebenfalls von dieser guten Nachricht zu erzählen. So bildeten sich allmählich kleine Hausversammlungen und Gott wirkte viele Wunder und Zeichen.
„Nur eine geistliche Veränderung kann die schwierige Situation verbessern.“
Taifune, Krankheiten, Überfälle
Monie schulte zwei Teams in Bibelübersetzung in der Flachlandsprache und dem Agta-Dialekt. 30 Jahre dauerte es, bis die Paranan-Bibel fertig war, eine Zeit, die von vielen Heraus forderungen und Opfern geprägt war: die alljährlichen Taifune, tropische Krankheiten wie die besonders gefürchtete Gehirnmalaria, Unfälle, Angriffe von Rebellen und die täglichen Notfälle der Menschen. Ganz zu schweigen von den regelmäßigen Hungersnöten, wenn es während der monatelangen Regenzeit keinen Reis mehr gab. „Oft wurde unser Glaube inmitten einer hoffnungslosen Situation bis an die Grenzen herausgefordert und geprüft. Und immer wieder erlebten wir auf überwältigende Weise Gottes Gnade und sein Eingreifen“, berichtet Marianne.
Endlich eine Bibel, die wir verstehen!

Übergabe mit Hindernissen
Im Jahr 2012 schließlich wurde das erste Neue Testament fertiggestellt. Die lang ersehnte Übergabefeier im Jahr darauf allerdings durften zwei der Teammitglieder und Marianne selbst leider nicht miterleben: Monies Bruder, der inzwischen Mariannes Partnerin Essa geheiratet und an der Übersetzung mitgearbeitet hatte, wurde ganz plötzlich mit 52 Jahren in die Ewigkeit abberufen. Die philippinische Übersetzerin, ebenfalls seit Jahren im Team, verstarb am Tag bevor das Neue Testament in der Hauptstadt Manila ankam. Und Marianne selbst wurde drei Tage zuvor so schwer krank, dass sie das Bett hüten musste, während ganz Palanan feierte.
Marianne und Monie haben mit ihrer Arbeit unter den Agtas quasi unter dem Nullpunkt angefangen: keine Gläubigen, keine Schulbildung, keine medizinische Hilfe. Doch sind durch die Bibelübersetzungsarbeit eigenständige Gemeinden entstanden, die etwa 1.000 bis 1.500 Mitglieder in drei verschiedenen Stämmen umfassen und weiter am Wachsen sind. Die Agtas selbst haben ein Radioprogram zusammengestellt, das durch eine einfache Radiostation in den Urwald ausgestrahlt wird. Viele der Jugendlichen gehen jetzt zur Schule. Einige haben schon einen Universitätsabschluss gemacht und lehren in den abgelegenen Gebieten. Die Gemeinden sind relativ selbstständig. „Vor allem aber sind wir dankbar, dass die Agtas ihrerseits ein missionarisches Herz entwickelt haben und versuchen, nun ihre eigenen Leute mit dem Evangelium zu erreichen“, betonen Marianne und Monie.
Neue Aufgaben
Seit Abschluss dieses Kapitels konzentrierten sich Marianne und Monie auf neue Aufgaben in der Schulung von vollzeitlichen Missionaren. Im Vordergrund steht die Schulung von Bibelübersetzern für die Sprachgruppen, die noch keinen Vers der Bibel in ihrer Sprache haben. Zu diesem Zweck wurde das Trainingszentrum weiter ausgebaut. Zudem steht die Herstellung von Hörbibeln für die vielen kleineren Sprachgruppen auf den Philippinen und in den angrenzenden asiatischen Ländern im Fokus.
Während Marianne inzwischen aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten muss, ist Monie seit 2016 bei Wycliffe Philippinen als Field Director tätig. „Seitdem haben wir mit der Übersetzung in 76 Sprachen begonnen“, berichtet er. „Unser Ansatz besteht darin, lokale Übersetzer aus den Gemeinden mit der Übersetzung des Wortes Gottes zu beauftragen. Wir schulen sie, während sie übersetzen. Außerdem bilden wir 15 Filipinos zu Exegeten aus, die in Zukunft als Berater tätig sein werden.“ In ihrem Zentrum bauen Marianne und Monie Einrichtungen für Workshops aus. In Zukunft werden sie vielleicht asiatische Missionare für Asien und die Welt ausbilden.
Deine Hilfe zählt
Die Arbeit von Monie und Marianne wird auch weiterhin durch Spenden finanziert. Umso mehr freuen sie sich über regelmäßige Unterstützung. Hilf ihnen dabei, den Menschen die Bibel in jeder Sprache zugänglich zu machen.
Bei Spenden zur Unterstützung dieses Projektes bitte angeben: AM 355 Chiong
Empfänger: mt:28 gGmbH
IBAN: DE88 6005 0101 0002 1912 54
SWIFT/BIC-Code: SOLA DE ST 600