27. Juni 2022

Mit Zusammenhalt und Vernetzung

Die Volksmission Donzdorf zeigt, dass auch eine kleine Gemeinde eine große Missionsarbeit stemmen kann.

Donzdorf auf der Schwäbischen Alb hat knapp 11.000 Einwohner, die dortige Volksmissions-Gemeinde eben mal 30 Mitglieder. Dennoch gibt es dort eine beeindruckende Flüchtlingsarbeit und viele weitere missionarische Aktivitäten. Wie das geht, erzählt Gemeindeleiterin Heidi Bronnenmayer im Gespräch mit Andrea Mayer-Grenu.

Wie ist die Arbeit mit Geflüchteten in Donzdorf entstanden?

Als 2015 bei uns im Ort eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet wurde, waren die meisten Donzdorfer erst einmal wenig begeistert. Als unser Bürgermeister dann aber Kirchen und Gemeinden eingeladen hat, sich bei der Betreuung der Geflüchteten zu engagieren, haben spontan sehr viele mitgemacht. Es entstanden unter anderem eine Fahrradwerkstatt sowie ein Asylcafé, aus dem später das Café International in der Stadthalle hervorging. Das Café wurde von etwa 50 Geflüchtete besucht, und einige der Frauen wollten dann auch kochen. So trafen wir uns einmal im Monat bei uns im Gemeindehaus, um zu kochen und gemeinsam zu essen. Beim gemeinsamen Schnippeln kamen wir schnell ins Gespräch und es entstanden Freundschaften – bis Corona kam.

„Gemeinsames Essen mit Geflüchteten. Der Austausch beginnt schon in der Küche.“

Viele der Geflüchteten in Donzdorf stammen aus einem ganz anderen Kulturkreis. Was waren die Herausforderungen?

Zunächst einmal war da die Sprachbarriere, aber mit Händen und Füßen hat die Verständigung schnell geklappt. Schwieriger war der Glaubenshintergrund: Viele Geflüchtete bei den gemeinsamen Essen stammen aus Syrien, darunter sind sowohl Christen als auch Muslime. Für die Christen war das schwierig, weil viele in der Heimat aufgrund ihrer Religion Diskriminierung erfahren hatten, das hinterlässt Wunden. Allerdings wurden die Konflikte nie offen ausgetragen, sie schwelten eher im Hintergrund. Wir haben dann zum Beispiel ganz bewusst vor dem Essen gebetet, das war auch für die Muslime okay. Mich hat das beeindruckt. Probleme aufgrund des anderen Gesellschafts­bildes dagegen hatten wir nicht, wir haben zum Beispiel keine Vorbehalte gegenüber Frauen gespürt.

Hat die Flüchtlingsarbeit auch in die Gesellschaft in Donzdorf hineingewirkt?

Oh ja, sehr! Über die Flüchtlingsarbeit kamen wir auch in Kontakt zu Donzdorfern, die nicht gläubig waren. Solche Kontakte suchen wir ganz bewusst und erreichen auf die Art viele Menschen. Die Geflüchteten haben sich aber auch selbst in die Gesellschaft eingebracht: Bei einem internationalen Fest in der Stadthalle zum Beispiel war ein gläubiger Nigerianer dabei, der machte dann Lobpreisin Englisch.

„Über die Flüchtlingsarbeit kamen wir auch in Kontakt zu Donzdorfern, die nicht gläubig waren.“

Auch über die Flüchtlingsarbeit hinaus seid Ihr in Donzdorf als Gemeinde sehr sichtbar. Welche Aktivitäten gibt es noch?

Zunächst haben wir zwei klassische Hauskreise, in die teilweise auch Menschen aus anderen Gemeinden beziehungsweise von auswärts kommen. Dann gibt es die Kreativnachmittage mit der Künstlerin Eva Röckle. An diesen Nachmittagen wird gemalt und gebastelt, dazu gibt es Kaffee und Kuchen. Nebenher reden wir über alles, was die Menschen bewegt. Mit diesem niederschwelligen Format erreichen wir auch ohne eine Andacht viele Nicht-Gläubige mit Gottes Botschaft.

Ein weiteres Angebot sind unsere Männerabende, die wir mit Unterstützung der Volksmission Geislingen durchführen. Bei diesen stehen politische Themen im Vordergrund und es gibt ein Vesper. Unter den Teilnehmern sind Menschen, die sonst überhaupt nicht in eine Gemeinde gehen und nur zu den Männerabenden kommen.

Kreativnachmittag mit Eva Röckle

Neben Euren Aktivitäten vor Ort unterstützt Ihr auch die Missionare von MT:28 sehr intensiv. Wie ist das in der Gemeindearbeit verankert?

Oh ja, für eine kleine Gemeinde tun wir auf dem Gebiet ganz schön viel, finde ich (lacht). Die Missionare Herbert und Christiane Ros (Kenia), Hans Harter (Kenia/Pakistan), Wilson und Erika Arcenas (Philippinen) sowie Jürgen und Vesna Bühler (Israel) begleiten wir direkt. Das heißt, wir unterstützen sie finanziell, halten den Kontakt, leiten die Freundesbriefe weiter und beten für sie. Darüber hinaus beten wir für alle Missionarinnen und Missionare und laden sie immer wieder auch in unsere Gemeinde ein, wenn sie in Deutschland sind.

Und wie schafft Ihr das alles mit eben mal 30 Mitgliedern?

Mit Zusammenhalt und Vernetzung. Die Menschen nehmen uns als Familie wahr, das ist unsere Stärke als kleine Gemeinde. Und wir kooperieren sehr eng mit den anderen Kirchen in Donzdorf. So feiern wir zum Beispiel drei ökumenische Gottesdienste im Jahr, unter anderem beim Stadtfest. Auch so erreicht man viele Menschen, die mit Kirche nicht viel im Sinn haben.

Heidi Bronnenmayer

leitet – gemeinsam mit Jürgen und Marianne Lehmann – die Volksmission Donzdorf. Sie ist 65 Jahre alt, Single und seit zwei Jahren im sogenannten Ruhestand. Zuvor war sie 14 Jahre lang Chef-Sekretärin bei der L-Bank in Stuttgart und arbeitete später im elterlichen Betrieb im Büro.

Wenn Du an Wachstum denkst – was ist Deine Vision für die Zukunft?

Gott hat mir schon vor Jahren die Vision gegeben, dass aus der geistlichen Wüste in unserer Region ein blühender Garten wird, dass die Kirchen voll sind, Heilungen geschehen. Ich glaube fest, dass das passiert und bin gespannt, wie Gott es macht. Für uns als Gemeinde wünsche ich mir, dass wir mehr junge Menschen gewinnen, unser Altersdurchschnitt ist relativ hoch. Die Kreativnachmittage sind dafür ein guter Ansatz. Schön wäre es, wenn wir uns einen Pastor in Vollzeit leisten könnten (die Gemeinde wird derzeit von Volksmissionsvorstand Pastor Bernhard Röckle mitbetreut, Anmerkung der Redaktion). Aber dazu wird noch viel Wachstum erforderlich sein.